Empfehlungen sind mit Vorsicht zu genießen. Beispielsweise mit der Vorsicht auf die Bühne des Akademietheaters, wo ich Neil LaBute’s “the shape of things” sehen und hören durfte — in einer wunderbaren Fassung von Igor Bauersima und gelungener deutscher Übersetzung von Jakob Kraut: das maß der dinge.
Es war ein Fehler! (Adam, eingestehend)
— Ja. Wie groß war der Fehler? (Evelyn)
Ein faszinierendes Spiel mit Dichotomien, in dem sich unversehens die Zuschauerinnen und Zuschauer wiederfinden, und nicht nur als ebensolche.
Frag nicht warum, wenn das Was vor dir steht. (Evelyn)
Damit ein Ding ein Ding wird, unterscheiden wir es von dem, was noch nicht das Ding ist, was aber doch schon Ding war. Und das Maß selbst nicht minder, das universelle Messer, mit dem wir Gut und Böse trennen, mit dem wir unsere geschätzten und dann lieb gewonnenen Dinge im Maß halten. Auch modellieren, und sei’s mit Schönheitsoperationen.
Es war kein Statement, das war Pornographie. (Jenny)
— Es war keine Pornographie, das war ein Statement. (Evelyn)
Argumente und Begründungen sind schnell gefunden, Hauptsache wir haben Unterscheidungen, an denen wir festhalten können. “Provozieren kann jeder” heißt es, aber “es muss Grenzen geben”. Eben. Die Grenzen der Grenzziehung.
Was ist Kunst? Was ist Wissen(schaft)? Was ist ein Experiment? Und wo sind die Grenzen? Schnell wird das Theaterstück selbst zum Experiment.
Wer war ich vor dem Experiment?
Wer bin ich jetzt? — Joachim Lux, im Programmheft
In Wien bietet sich am Montag, 6. März 2006 nochmal Gelegenheit zur wärmstens empfohlenen Vorsicht im Akademietheater um 20 Uhr: das maß der dinge. Oder:
Dann müssen wir uns wohl darauf einigen, dass wir uns nicht einigen. (Adam)